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LAUFEND DIE WELT SEHEN

Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen, sagte schon dereinst Johann Wolfgang von Goethe, und dieser Satz hat in unserer heutigen schnelllebigen Zeit mehr denn je Gültigkeit. Krone einer Negativ-Entwicklung sind wohl Kulturreisen in Europa, bei denen asiatische oder amerikanische Touristen am Vormittag in Venedig, am Nachmittag in Neapel, am nächsten Tag in Marseilles und Paris und am übernächsten in London sind. Waren sie tatsächlich dort, oder dokumentieren sie lediglich auf Fotos und mit Selfies, an diesen und jenen Orten und Plätzen physisch zugegen gewesen zu sein?!

Zu Fuß zu gehen oder zu laufen, das entschleunigt. Die Umgebung zieht langsam, im Schritttempo, an einem vorbei. Dem Auge wird Zeit gegeben, den Blick auf einen Berggipfel oder ein Tal zu richten, dem Gehirn wird erlaubt, beispielsweise die durchaus emotionalen Momente eines Sonnenauf- oder -untergangs aufsaugen zu können.

Wer läuft, sieht mehr von der Welt, und es müssen nicht Wettbewerbe im Indischen Ozean, in den französischen Alpen oder im US-amerikanischen Death Valley sein. Man nehme sich ein Beispiel an Josef „Seppi“ Kladensky. Der 70-jährige Ultraläufer aus Perchtoldsdorf bei Wien läuft einmal im Monat von Grinzing im 19. Wiener Bezirk quer durch den Wienerwald nach Mödling. Das sind etwas mehr als 50 Kilometer und rund 2050 Höhenmeter in der Natur. Einige Wildgehege werden durchquert, „Seppi“ bleibt dann zumeist stehen, um nach Fischen im Teich oder nach Wildschweinen Ausschau zu halten. In den Dörfern, die er durchquert, wird er von den einen oder anderen begrüßt, man kennt ihn eben.

Doch dann bricht auch er auf, läuft seine Lieblingsrennen an der Veitsch in der Steiermark oder am Ötscher in Niederösterreich, schreibt sich für den 100-km-Lauf im Salzburger Land ein und freut sich auf immer neue Wahrnehmungen und Erlebnisse. „Der Grand Raid auf Réunion, der Ultra Trail du Mont Blanc, Marathonläufe auf der ganzen Welt haben mich geprägt wie meine Erziehung, mein privates Umfeld oder mein Beruf. Laufen bildet, und es gibt wohl nichts schöneres, als einem Hobby nachzugehen und daraus auch einen pädagogischen Moment machen zu können“, sagt Kladensky.

Der „Marathon des Sables“ in der Sahara war eines jener Ereignisse, die der Ultraläufer als am nachhaltigsten beschreibt. Demnächst erscheint sein Buch „So weit? So gut!“ Lassen Sie sich mitnehmen auf eine spannende Reise – und brechen dann am besten gleich selber auf!

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